GRÜNE: Zeitenwende im Stadtrat? Erste Schritte auf einem weiten Weg

Winterlicher Blick in einen der Kleingärten beim Kitzinger Bahnhof: Schaukel, Hängesessel, Sitzbank, Bäume, Beete
Winterlicher Blick in einen der Kleingärten beim Kitzinger Bahnhof. Foto: Eva Trapp

PRESSEMITTEILUNG vom 6.01.2022

Ergänzende Stellungnahme zum Artikel „Sie stehen für eine Zeitenwende“ (MP 30.12.2021)

Im Hinblick auf eine Zeitenwende sieht der Ortsverband der Grünen den Stadtrat stärker in der Pflicht und benennt einige Stellschrauben für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung und die Akzeptanz in der Bürgerschaft: Schutz unseres Lebensraumes, Bürgerbeteiligung, Transparenz, Leerstände nutzen und damit Flächen sparen, bereits versiegelte Flächen entsiegeln, natürliche und naturnahe Gebiete erhalten und zu einer grünen Infrastruktur entwickeln.

Wie sähe eine Zeitenwende im Stadtrat aus? GRÜNEN Vorstandssprecherin Eva Trapp beantwortet diese Frage so: „Eine Zeitenwende wäre dann eingetreten, wenn der gesamte Stadtrat es sich zur obersten Pflichtaufgabe macht, die Lebensqualität der Kitzinger*innen und nachkommender Generationen zu schützen, zu bewahren, zu verbessern. Um den Auswirkungen des Klimawandels entgegenzuwirken, muss der Schutz der Bürger*innen vor Überhitzung und Naturkatastrophen an erster Stelle stehen. Das gelingt nur mit einem klaren Fokus auf Umwelt-, Klima- und Katastrophenschutz. Der große Wurf ist aber noch nicht in Sicht, nicht einmal ein Bekenntnis zur Klimaneutralität gibt es. Immer wieder wird auf den zukünftigen Klimamanager verwiesen. Bis der- oder diejenige endlich mit der Arbeit beginnen kann, ist viel wertvolle Zeit ungenutzt geblieben.“

„Aus Gesprächen mit den Bürger*innen Kitzingens wissen wir, dass viele einen durchaus kritischen Blick auf die Entscheidungen des Stadtrates haben.“, so Vorstandsmitglied Michael Zink. „Sie nehmen wahr, dass die positive Entwicklung Kitzingens ausschließlich mit Bauvorhaben und Wachstum begründet wird. Dass dabei immer neue Flächen versiegelt werden, was die Stadt anfälliger für Starkregenschäden macht, dass Flora und Fauna vertrieben und stattdessen Lärm und Verkehr zunehmen, dass die Bürger einfach vor vollendete Tatsachen gestellt und nicht im Vorfeld in die Planungen einbezogen werden, ärgert viele. Es entsteht häufig der Eindruck, dass die konservative Stadtratsmehrheit Investoreninteressen über Bürgerinteressen stellt.“

Trapps Co-Vorstandssprecherin Theresa Sanzenbacher ist sich sicher: „Heimlichtuerei und Blaupausen für Investoren lehnen die Bürger*innen ab. Auch reagieren viele Menschen mit Unverständnis hinsichtlich des beachtlichen ungenutzten Leerstandes in Kitzingen, vorneweg in den Marshall Heights. Hier müssen Lösungen auf den Tisch, wie der Stadtrat das neue Stadtviertel – möglichst ohne neue Flächenversiegelungen – gemeinsam mit Herrn Wittmann als Eigentümer entwickeln und bezahlbaren Wohnraum schaffen könnte. Da Herr Wittmann selbst im Stadtrat sitzt, sollten Gesprächshürden doch niedrig sein.“

Im Zuge der Entwicklung des Bahnhofsumfeldes sollen für eine Durchfahrt zum Parkplatz nun auch noch die dortigen Kleingärten samt Baumbestand geopfert werden. Dazu Vorstandmitglied Stefanie Schumacher: „Diese Entscheidung widerspricht völlig dem Zeitgeist! Nicht umsonst erleben wir seit einigen Jahren bundesweit einen großen Nachfragetrend. Kleingärten mitten in der Innenstadt sind eine Besonderheit und tun dem Stadtklima gut. Die Warteliste von 50 Bewerber*innen spricht doch Bände! Mit den Kleingärten direkt am Bahnhof verschwände ein weiteres Stück Kulturgut aus unserer Stadt und erneut einige Bäume.“ Eva Trapp ergänzt: „Wenn einzelne Stadtratsmitglieder in Frage stellen, ob diese Gärten überhaupt noch genutzt würden, zeigt das bei allem Respekt nur die Ignoranz, in der hier oft Entscheidungen getroffen werden. Alle diese Gärten werden sehr offensichtlich genutzt und bewirtschaftet, womöglich seit mehreren Generationen. Die Kleingärten sind ein Stück Heimat, ein Erlebnisraum für Kinder, ein Lebensraum für Tiere, der sich nicht einfach durch eine andere Parzelle in einem anderen Stadtteil ersetzen lässt. Ich würde mir wünschen, dass für den Stadtrat Vor-Ort-Begehungen verpflichtend werden, bevor für andere Menschen und die Natur weitreichende Entscheidungen getroffen werden.“

In diesem Kontext ist auch das Bürgerbegehren der Bürgerinitiative „Bauen im Einklang mit Mensch und Natur“ zu sehen, welches der Ortsverband der GRÜNEN unterstützt. Eva Trapp: „Die Unterzeichnenden wollen ein Zeichen setzen gegen das übliche Vorgehen der Stadtratsmehrheit. Die Bürger*innen wollen sich Gehör verschaffen, wollen mitreden bei der Umgestaltung einer der letzten grünen Oasen am Stadtrand und fordern, dass der Stadtrat bei seinen Entscheidungen Natur- und Klimaschutzaspekte viel stärker berücksichtigt. Viele äußerten auch den Wunsch, die Oberen Anlagen samt des Schützengeländes wieder als Naherholungsgebiet zu entwickeln, was auch wir sehr begrüßen würden.“

Schatzmeisterin und Stadträtin Christa Büttner fordert insgesamt mehr strategischen Weitblick: „Wir brauchen in Kitzingen neue Planungsansätze, die nicht nur einzelne Bauprojekte, sondern das Stadtgebiet als Ganzes im Blick haben: Dabei müssen grüne Infrastruktur und Biotopnetzwerke genauso berücksichtigt werden wie Windströme, die das Stadtklima beeinflussen. Ein solcher Ansatz wird auch von der EU stark gefördert. Die Zerstückelung der letzten Grünflächen ist der falsche Weg.“

Während immer neue Bauprojekte weitere Flächenversiegelungen mit sich bringen, steht das Thema Flächenentsiegelung bislang noch nicht auf der Agenda des Stadtrates. Büttner: „Hier braucht es Förderkonzepte, die Anreize zur Entsiegelung von Flächen schaffen. Die Grüne Fraktion wird entsprechende Anträge erarbeiten. Zunächst jedoch wird unser Antrag für die Erstellung einer Treibhausgasbilanz mit dem Ziel der klimaneutralen Verwaltung 2030 behandelt werden. Hier wird sich zeigen, ob der Stadtrat bereit ist, für Klimaneutralität einzustehen.“